
Meine Forschung befasst sich seit ungefähr zwanzig Jahren mit dem Thema Sprachverlust (mir wird soeben schmerzhaft deutlich, dass meine Selbsteinschätzung als ‘junge Wissenschaftlerin’ nicht mehr ganz der Wahrheit entspricht).
Ich habe 2000 mit einer Dissertation über den Sprachverlust bei deutsch-jüdischen Emigranten an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf promoviert. Die Studie ist 2002 als Buch erschienen. Danach hatte ich Lehraufträge an der Vrije Universiteit Amsterdam und an der Universität von Groningen, wo ich 2010 eine Professur bekam. 2013-2021 war ich Professorin in der sprachwissenschaftlichen Abteilung der University of Essex (England), und seit 2022 bin ich an der University of York. Im Laufe dieser Jahre habe ich natürlich auch selbst einigen Sprachverlust erfahren.

Seit 1999 arbeite ich eng mit Barbara Köpke an der Universität Toulouse zusammen. Gemeinsam haben wir eine Reihe Konferenzen organisiert (zuletzt im Juli 2016 in Essex), verschiedene Bücher herausgegeben und zahlreiche Artikel zum Thema Sprachverlust geschrieben. Wir hatten hierbei stets folgende Ziele:
- Mehr Aufmerksamkeit für dieses Thema in der allgemeinen Zweisprachigkeitsforschung zu schaffen. In diesem Gebiet hat bislang die Erforschung der zweiten Sprache Priorität – wie sie erlernt wird, wie sie von der Erstsprache beeinflusst wird, warum Zweitsprachler so selten ‘perfekt’ werden, und so weiter. Wir sind davon überzeugt, daß die Veränderungen, die sich in der Muttersprache von Zweitsprachlern einstellen, genauso wichtig sind, um den Prozess als Ganzes zu verstehen.
- Ein allgemein anerkanntes Forschungsinstrumentarium zu erstellen. Gemeinsam mit verschiedenen Forschungsgruppen und -teams haben wir viel Zeit damit zugebracht, die besten Tests und Instrumente für die Erforschung des Erstsprachverlust zu entwickeln. Eine Sammlung von Materialien für diesen Zweck finden Sie hier.
- Mehr Verständnis für Sprachverlust und diejenigen, die ihn erleben, zu schaffen. Im Augenblick finden sich die meisten Leute, die mit ihrer Muttersprache Probleme bekommen, mit Ablehnung und Spott konfrontiert. Es ist wichtig, hier das Bewusstsein zu schaffen, dass Sprachverlust ein natürliches Phänomen ist und nichts mit Faulheit oder Angeberei zu tun hat. Niemand sollte deswegen gemobbt werden.

Monika S. Schmid
Professor of Linguistics,
University of York
monika.schmid@york.ac.uk